Ein Herz und eine Seele

Apostelgeschichte 4, 32

14. Juni 2020 Kirchengemeinde

Die Menge der Gläubigen aber war ein Herz und eine Seele; auch nicht einer sagte von seinen Gütern, dass sie sein wären, sondern es war ihnen alles gemeinsam.

Die Menge der Gläubigen aber war ein Herz und eine Seele; auch nicht einer sagte von seinen Gütern, dass sie sein wären, sondern es war ihnen alles gemeinsam.

„Ein Herz und eine Seele“ sollen sie gewesen sein, die Mitglieder der ersten Gemeinde. „Ein Herz und eine Seele“ wie Alfred Tetzlaff und seine Frau Else? Mit böser Ironie ist die uralte Serie ja so überschrieben, obwohl die Familie in zwei Generationen in einer winzigen Wohnung haust und sich die ewigen Tiraden des Vaters anhören muss, der die Familie mit einer aberwitzigen Mischung aus Hass auf die Welt, Selbstüberschätzung und offenem Zorn dominiert. 

                                                               „Ein Herz und eine Seele“, das waren wir immer. So höre ich es bei Beerdigungsgesprächen oft. „Es hat nie ein böses Wort gegeben“ wird dann noch nachgeschoben. Und ich werde misstrauisch. 50 Jahre Ehe und kein böses Wort? Wie soll das wahr sein? Sicher, es gibt Menschen, die mit ihrem Naturell Konflikte ausblenden, sie nicht ertragen können und sich deswegen daran auch nicht mehr erinnern können. Viel häufiger ist aber das schlichte Bestreben, nichts von Meinungsverschiedenheiten „nach draußen“ gelangen lassen zu wollen. Bei uns ist alles in Butter. Eine humorvolle Freundin sagte mir mal, für den Umgang mit ihrer Schwiegertochter gelte der Grundsatz: „Schenken. Schlucken. Schweigen.“ Ob das ein probates Rezept für den Umgang mit Menschen ist? Manchmal ja. Oft nein. 
Mag die unbedingte Behauptung von Harmonie für Familien in einem gewissen Maße gute Überlebensstrategie sein, in den freundschaftlichen und nachbarschaftlichen Kontakten, auch im öffentlichen Leben ist eine solche Haltung sicher häufiger hinderlich als förderlich. Wie oft habe ich schon selbst vor Scherbenhaufen von Beziehungen gestanden, weil ich zu bequem war, oder nie ausprobiert habe, ob die Freundschaft mit unterschiedlichen Meinungen fertig wird. Da habe ich lieber den Kontakt reduziert und sie einschlafen lassen. Nicht gut.
Nun gibt der Vers von „einem Herzen und einer Seele“ eine Zustandsbeschreibung der ersten Gemeinde, so wie die Apostelgeschichte sie beschreibt. Alle waren beieinander, hatten sich lieb, hatten sogar ihre Güter gemeinsam und teilten, was sie hatten. Ehrlich? Ich glaube nicht, dass das so war. Das wäre ja bereits der Himmel auf Erden gewesen. Viel eher glaube ich den nächsten Satz im Bibeltext: „Und mit großer Kraft bezeugten die Apostel die Auferstehung des Herrn Jesus, und große Gnade war bei ihnen allen. (Vers 33)  
Da haben die Apostel mit großer Mühe, die anderen von der anderen Wirklichkeit zu überzeugen versucht, die mit dem Glauben an die Auferstehung Jesu verbunden ist. D a s ist der Kern der guten und christlichen Botschaft, dass nicht alles beim Ewiggleichen bleiben muss, sondern das Rad des Todes durchbrochen wird – mit der Auferstehung Jesu. Und diese Erinnerung, dieses unablässige Ins-Gedächtnis-rufen hat die Herde beisammengehalten. Und sie haben sich auch der Botschaft verpflichtet gefühlt bis heute. Nur gestritten haben sie auf dem Weg ziemlich oft und heftig. Vielleicht aber mit dem Wissen, dass auch der Streit nicht das letzte Wort hat!

Friedliche Grüße aus Ihrer Gemeinde


Ihr Pfr. Torsten Maes