Ein Abschied

Pfarrer Maes verlässt Moers

16. Februar 2021 Kirchengemeinde
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Auf Wiedersehen …

Wenn jemand etwas zurücklässt, um etwas Neues anzufangen, dann ist der Blick nach vorne so bestimmend, dass der Blick nach hinten schwerfällt. So empfinde ich. Der Blick zurück wird in der Bibel zwar häufiger erwähnt, so bei Lots Frau, die zur Salzsäule erstarrt, als sie auf die verlassene Heimat zurückblickt, oder bei Jesus, der sagt, dass wer seine Hand an einen Pflug legt und zurückschaut, nicht für das Reich Gottes geschaffen sei. Aber seltsamerweise ist der Blick zurück eher negativ belegt. Seltsamerweise sage ich, weil ich den Blick zurück für eine sehr gern geübte Kopfbewegung in der Kirche halte. Zu gern wird auf frühere, angeblich bessere Zeiten zurückgeschaut. Zu gern wird geschaut, was wir doch immer so gemacht haben und wird festgehalten anstatt losgelassen, um neues zu ergreifen.

Ich möchte nicht gerne zurückblicken, nicht aus Wehmut, auch nicht als Bilanz, schon gar nicht im Zorn.

Wenn es eher der Blick nach vorn ist, den die Bibel liebt, mit dem die Propheten Hoffnung machen, den Jesus in seiner Rede vom Reich Gottes beschwört und den nicht zuletzt wir alle als Gottesdienstbesucher an jedem guten Gottesdienstende als Segen empfangen, dann möchte ich zum Abschied diesen Blick nach vorn noch ein letztes Mal als Pastor dieser Gemeinde versuchen. 
Der Stadtgemeinde Moers wird es guttun, wenn sie in gut drei Jahren endgültig mit einem Gemeindehaus an der Stadtkirche diesen einen zentralen Ort erhält, um sich in und an der Kirche zu sammeln. Nie wieder wird sie die Kirche aus dem Blick verlieren und sich im Interessensgerangel der Bezirke verzetteln müssen. Stattdessen wird sie als Stadtgemeinde und kulturelles Zentrum wahrnehmbar sein und gute Stube sein können für Christen und Nichtchristen, für Rausgeputzte und Bedürftige. Mit dem größeren Kindergarten in Hülsdonk wird eine Heimat für Kinder geschaffen sein, die für sie aus der Familienarbeit in die ersten Jahre vor Beginn der Schule da ist.
Und wenn es gut geht und sich die Moerser Kirche in allen ihren Gemeinden nicht zu sehr dem Blick zurück verschreibt, dann werden die Grenzen zwischen Gemeinden und Stadtteilen verschwimmen, dann werden Begabungen und Initiativen in die Stadt als ganzer eingebracht werden und es wird ein Gemeingeist entstehen und der Alleingeist sich auflösen.
Das werden keine rosigen Zeiten sein dort, wo der Blick nach vorn hinschaut. Da wird es weniger Gemeindeglieder geben, auch weniger Geld, vermutlich auch weniger junge Leute und viel, viel mehr Alte. Gerade deshalb aber wird den Jüngeren die Aufmerksamkeit gelten, wird Gemeinde missionarisch sein, d.h. sie wird sich fragen, wie sie Skeptiker und Nichtreligiöse anspricht. Da wird Vieles neu werden, hoffentlich vor allem der Ton und die Musik in den Gottesdiensten. Fröhlicher, verständlicher, mutiger in den Formen. Vielleicht wird mancher sagen; „das hat damals mit Corona angefangen …“. Und das wird die Gemeinde mit vollem Einsatz tun, nicht mit dem Bedauern, dass dies neuerdings auch noch nötig ist, wo man doch früher …

Also, blühende Landschaften zu versprechen wäre nicht seriös. Und ich bin kein Schwärmer. Ich bitte Sie zum Abschied um einen guten und nüchternen Realismus und um einen hoffnungsvollen Blick nach vorn. Was der Blick zurück anrichten kann, wissen wir, verschreiben wir uns doch lieber dem guten Blick nach vorn! Gottes Segen, Moerserinnen und Moerser.

Mit hoffnungsvollen Abschiedsgrüßen